Biografie von Anna Magdalena Bach
Anna Magdalena Bach, geborene Wilcke, kam am 22. September 1701 in Zeitz zur Welt. Ihr Vater Johann Caspar Wilke war dort fürstlichen Hof- und Feldtrompeter. Spätester zog die Familie nach Weißenfels, wo er eine Anstellung als Hoftrompeter am dortigen Hof erhalten hatte. Anna Magdalena wuchs in einem Haushalt auf, in dem Musik eine wichtige Rolle spielte und die Haupteinkunftsquelle war. Ihr Bruder wurde Trompeter, wie der Vater, Schwestern von ihr heirateten Hoftrompeter. Anna Magdalena erhielt in dieser Zeit eine gute musikalische Ausbildung, die sie als verheiratete Frau noch vertiefte.
Ab 1721 ist sie als Sängerin am Hof von Anhalt-Köthen nachweisbar. Am 3. Dezember 1721 heiratete sie den verwitweten Capellmeister Johann Sebastian Bach, dessen Frau Maria Barbara im Juli 1720 verstorben war und ihm vier Kinder hinterließ. Mit der Eheschließung wurde Anna Magdalena zur Frau Capellmeisterin, da sie das Recht hatte, alle Titel ihres Mannes zu tragen.
1723 zog die Familie von Köthen nach Leipzig, wo ihr Ehemann zum Kantor der Thomasschule und zum Musikdirektor der Stadt Leipzig gewählt worden war. Auch in den folgenden Jahren war Anna Magdalena als Sängerin aktiv und trat vor Publikum auf.
Im Laufe ihrer Ehe brachte sie dreizehn Kinder zur Welt, von denen aber nur sechs das Erwachsenalter erreichten. Im Hauswesen der Familie Bach, dem sie gemeinsam mit ihrem Mann vorstand, lebten neben den Kindern weitere Familienangehörige und Privatschüler. Arbeiten, wie das Kochen, die Reinigung der Wohnung und der Wäsche, die Ernährung der Säuglinge wurden durch Dienstpersonal erledigt, das zum Teil ebenfalls dort wohnte. In dieser Wohnung, die sich in der Thomasschule befand und über 200 Quadratmeter groß war, spielten sich auch große Teile des Erwerbslebens ab. Hier wurden vom Ehemann komponierte Werke kopiert und für Aufführungen vorbereitet. Hier wurde geübt, wurden Proben abgehalten und Privatschüler unterrichtet, ein Musikalienhandel betrieben, Instrumente verliehen und verkauft. In all diesen Bereichen arbeitete Anna Magdalena Bach mit. Etliche Kopien, die sie von Kompositionen ihres Mannes anfertigte, sind erhalten geblieben. Einige davon haben eine große musikwissenschaftliche Bedeutung, weil seine Manuskripte verloren gingen.
Er war auch ein gefragter Virtuose und Orgelfachmann. Wenn er auf Reisen ging, was relativ oft geschah, übernahm seine Ehefrau die Verantwortung für die Weiterführung der Geschäfte. Das gesamte Hauswesen konnte aber auch so organisiert werden, dass sie ihn begleitete.
Am 28. Juli 1750 verstarb Johann Sebastian Bach. Bei Anna Magdalena wurde nach seinem Tod eine Ratswahlkantate bestellt – ein Beleg, dass sie in der Lage war, eine solche Aufführung zu organisieren.
Ein Testament, dass sie bevorteilt hätte, konnte ihr Mann nicht hinterlassen. Den Kindern standen bestimmte Erbanteile zu. Deren Verwaltung übernahm Anna Magdalena.
Von ihren Kindern verließ nur der jüngste Sohn die Familie und ging zur Ausbildung zum Stiefbruder nach Berlin. Anna Magdalena war beim Tod ihres Mannes 48 Jahre alt, ihr kognitiv stark beeinträchtigter Sohn Gottfried Heinrich 26 und ihren beiden jüngsten Töchter 12 beziehungsweise 8 Jahre alt. Gemeinsam zogen sie in eine Wohnung am Neuen Kirchhof.
Da etliche Einnahmen nach dem Tod ihres Mannes wegfielen, war die verwitwete Frau Capellmeisterin Bach nicht mehr in der Lage, ihrem Stand entsprechend zu leben. Deshalb zahlte die Stadt regelmäßige Unterstützungen. Daran war die Bedingung geknüpft, dass sie aktiv zu ihrem Auskommen beitrug. Es kann nachgewiesen werden, dass sie als Witwe bis zu ihrem Tod als Musikalienhändlerin tätig war. Mit ihrem Stiefsohn Carl Philipp Emanuel stand sie in geschäftlichem und privatem Austausch. Bei der Erbteilung hatte sie Voraussetzungen geschaffen, möblierten Wohnraum zu vermieteten. Finanzielle Unterstützungen erhielt sie auch durch die Universität und aus Legaten. Diese allein hätten für das bloße Überleben aber nicht annähernd ausgereicht.
Anna Magdalena Bach starb am 27. Februar 1760 in der Hainstraße in Leipzig. Warum sie sich dort aufhielt, ist unbekannt, wie so vieles aus ihrem Leben. Wir wissen heute nicht einmal, wie sie aussah. Von ihrem Bild in einem goldenen Rahmen, das ihr Stiefsohn Carl Philipp Emanuel besaß, fehlt nach 1790 jede Spur.
Eberhard Spree
zum Blog über Anna Magdalena Bach: www.eberhardspree.com oder https://www.eberhardspree.com/blog-1